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MÜNCHEN - PARIS
eine vielschichtige Tandem-Tour
...am 11. April 1963 startete ich mit Georg Jäckel
zu einer Tandem-Tour nach Paris. Georg war gerade 18 geworden. Seine Mutter war deshalb etwas besorgt, aber letzten Endes vertraute sie uns, weil wir fleissig für diese Tour trainiert hatten...
...von München radelten wir über Augsburg, die Schwäbische Alb und den Schwarzwald nach Freiburg.
Vom Kniebies ging es nach Strassburg hinunter.
Zum erstenmal hörten wir Menschen französisch sprechen - im Elsass aber auch noch oft deutsch, was für unsere Versorgung nicht ganz unerheblich war. Nancy, Bar-le-Duc und Chalons de Marne waren die nächsten Stationen.
Jeder Tag war vollgestopft mit Überraschungen,
leider auch mit eingien Regen-Schauern......
...die letzte Etappe vor Paris
war ultraschwer, bis zur Woh-nung von Georgs Cousine Waltraut, mitten in Paris
waren es über 200 km...
...da die Waltraut an diesem
Wochenende auswärts einge-
laden war, mussten wir auch
noch völlig erschöpft eine Jugendherberge suchen.
Am nächsten Tag trafen wir Malcolm, meinen englischen Freund, der für ein paar Stunden von Brighton (England) nach
Paris herüber gekommen war.....
...hochmotiviert stiegen wir am Sonntag-Morgen,
in München-Sendling, in die Tandem-Sättel.....
...hinter Fürstenfeldbruck stoppten wir in einem urigen
Wirthaus zu unserer ersten Pause. Das Bier wurde
dort zu unserer grossen Verwunderung, direkt aus den Flaschen getrunken. Den lauten Unterhaltungen konnten wir wegen des schwäbischen Dialekts kaum folgen. Gegen Mittag begann es heftig zu regnen.
Unsere Begeisterung wurde auf eine harte Probe gestellt. GottseiDank konnten wir In der Augsburger-Jugend-Herberge unser völlig durchnässtes Gepäck zum trocknen aufhängen. Unsere anschliessende Stadt-Besichtigung führte uns in den alten ehrwürdigen Dom, wo gerade der langjährige Bischof Josef Freundorfer aufgebahrt war.
Das barocke Rathaus mit seinen zwei markanten Türmen figurierte eindrucksvoll
den Reichtum und die Bedeutung dieser alten Reichs- und Fuggerstadt....
...am nächsten Tag blieben
wir zwar vom Regen ver- schont, dafür blies uns ein kalter Westwind ins Gesicht...
...hinter Burgau, nur 35 km
von Augsburg entfernt, begannen unsere Kräfte
nachzulassen, Zeit für eine
Pause. Das Ulmer Münster
sahen wir nur aus der Ferne.
Unser Tagesziel war das kleine Städtchen Blaubeuren, am Rande der Schwäbischen Alb. Der Wind hatte sich gedreht. Die Nachmittags-Sonne strahlte warm und freundlich. Auf der kleinen Strasse, entlang dem Flüsschen Blau waren wir fast allein. Unsere Stimmung besserte sich schlagartig. Die einzigartige Hügel- und Felsen-Landschaft der schwäbischen Alb, empfanden wir spannend und herausfordernd.
In einer kurzen Pause Blaubeueren stopften Nüsse und Rosingen in uns hinein,
da erstmals ein 6 km langer Anstieg auf uns wartete. Unerwartet locker schafften wir diese Herausforderung, trotz des vollgepackten, schweren
Tandems.
Oben, auf der Hochebene der Schwäbischen Alb, arbeiteten die Bauern auf den Feldern. Weiss-graue Nebenschwaden stiegen aus den dunklen Acker-Furchen, ein Zeichen dafür, dass es noch sehr früh im Jahr war, immer wieder mußten wir unsere klammen Hände unter unseren Pullovern wärmen....
...von der Hochebene der
Schwäbischen Alb ging es
5 km rasant nach Urach
hinunter...
...eigentlich eine tolle Sache,
aber die Schubkraft des
vollbepackten Tandems und
der zwei Radler war beträcht- lich. Der graulackierte Bremszylinder begann sich plötzlich bräunlich zu verfärben....
...den Schwarzwald erreichten wir in guter Verfassung. Längst hatten wir uns an das Tandem- Radeln gewöhnt....
...Georg auf dem Rücksitz war immer gut drauf, er leistete Großartiges.
Unsere Durchschnitts-Geschwindigkeit betrug
fast 20 kmh...
...oben, am Gasthof Alexander-Schanze,
dem höchsten Punkt der Schwarzwald-Höhen- strasse. Ein fast 10 km langer Anstieg lag hinter
uns...
...vor uns - die Abfahrt
hinunter zur Rhein-Ebene,
nach Kehl und Strassbourg...
...auf der steilen Abfahrt -
(Straßburger Steige)
mußten wir wegen der
vorderen Trommel-Bremsen mehrmals stoppen....
...zielgenau pissten wir zur
Kühlung auf die heissen Brems-Trommeln, eine Super-Geschichte, die sich
immer gut erzählten liess...
...den Tag beendeten wir auf der deutschen Seite des Rheins, in der JH Kehl....
...am nächsten Morgen radelten wir voller Respekt
auf der Europa-Brücke über den mächtigen Rhein - besichtigten das bedeutende Straßburger Münster,
und die historische Altstadt....
...rundum den Dom-Platz fielen uns die vier- bis fünf- stöckigen Fachwerkhäuser im alemannisch, süddeut-tschen Stil auf...
...malerisch wurde die historische Altstadt von dem spiegelglatten Wasser des Rhein-Kanal s umrahmt....
...viele Jugendgruppen waren
in Strassbourg zu sehen....
...sie wurden mit der über-
reichen Geschichte Frankreichs
vertraut gemacht....
...wir radelten aber weiter, den Bergen der Vogesen (1.143 m) entgegen...
...die Tour de France -
Immer wieder trafen wir auf
zurückgelassene Werbe-Elemente dieses riesigen
Sport-Spektakels...
...erst 10 Jahre später erreichte diese Begeisterung fürs Radeln auch die Deutschen Lande...
...stets von einer grossen Kinder- Schar umringt...
...sie halfen uns bei der täglichen Quartiersuche.
In Villey St. Etienne landeten wir durch ihre Hilfe, im nass- kalten Wohnwagen des
örtlichen Schäfers Jean...
...die Aussicht am nächsten
Morgen war nicht sehr
vielversprechend....
...die Strasse war nass und
der Westwind wehte kalt,
wir mussten warten....
...in Villey St. Etienne,
am Oberlauf der Mosel....
...wurden wir von Madame Ducrot, der Frau des Bäcker-meisters, ausreichend mit mit langen Brotstangen (Baguette) Wurst und Käse versorgt...
....eingehüllt in unsere
weissen Regenumhänge
sahen wir wie Arbeiter
eines Schlachthauses aus....
...nach einer Stunde
kam die Sonne heraus und
alles war gut....
...unten am Fluss trafen sich
die Männer zum lockeren Vormittags- Plausch...
...alle waren mit dem Radl da, nur einer von Ihnen hatte
ein Velo-Solex...
...mit ihrer selbstgemachten Angelrute versuchten diese
Buben einen Fisch zu fangen...
...derartiges war bei uns in Ruhpolding, an der Traun oder
der Urschlauer Ache nie möglich...
...die historische Strasse zwischen Bar-le-Du und Verdun
diente im Ersten Weltkrieg der Versorgung der franzö- sischen Truppen. Der 56 km lange Heilige Weg,
die Hauptverkehrsader während der Schlacht um Verdun,
war mir auffälligen Kilometersteinen bestückt,
auf jedem einzelnen befand sich ein Soldaten-Helm....
...in späteren Jahren besuchte ich auch die Schlachtfelder
um Verdun, auf denen der Verlobte meiner Oma in sinnloser Weise gekämpft hatte...
...in dem Dorf Contault waren wir umringt von laut schnatternden Gänsen....
...die Strasse bis dahin war schwer zu radeln, ständig ging es bergauf und bergab....
...in der JH von Chalons-de Marne, die in einem histori- schen Landhaus unterge-bracht war, schliefen wir wieder in richtigen Feder- betten...
...nach der kalten und feuchten Nacht im Wohnwagen eine
wahre Wohltat....
...die schnurgeraden Stras- sen verlangten uns alles ab, sie erschienen uns endlos
und ohne Leben...
...aber Napoleon wollte auf dem
kürzesten Weg zu seinen
Schlachtfeldern in Europa
kommen....
...kleine Pause in Montmiral, wir hatten schon 80 km in den Beinen, bis Paris waren es aber noch über 100 km...!
...Georgs rechter Schuh war durchgetreten, jeder Pedaltritt, besonders in den Anstiegen schmerzte nun doppelt....
...Meaux, unser Ausweich-
ziel, rund 50 km vor Paris,
erreichten wir gegen 16 Uhr....
...etwas übermütig entschlos- sen wir uns weiterzuradeln, motiviert und getragen von einer unbeschreiblichen Erwartung....
...mit den letzten Kräften
erreichten wir den Quai de Bercy, am rechten Seine-
Ufer...
...die Wohnung von Waltraut
befand sich westlich des
grossen Seine-Bogens,
in Boulogne-Billancourt....
...am nächsten Morgen
radelten wir durch den
Bois de Boulogne, dem grünen Herzen von Paris...
...von der Hektik einer Welt- Metropole war hier nichts
zu spüren...
...ein Gespräch begann,
der Anfang war gemacht...
...ob über Politik oder Sport,
die Pariser plaudern gern
miteinander.....
...wieder an der Seine, radelten wir auf den 300 m hohen Eiffel-Turm zu....
...an der Pont de Grenelle
fanden wir die malerisch vertäuten Seine-Schlepper
besonders photogen.....
...gut besucht - die vielen Strassenmärkte, wo es alles für ein gutes Essen gab...
...ein schönes Motiv, der alte Ford-LKW, mit seinen grossen, runden Scheinwerfern....
...der Verkehr auf den Boulevard´s war übersichtlich
und gut geregelt...
...durch unser Tandem genossen
wir stets eine besondere Aufmerksamkeit...
...Malcolm aus England,
mit dem ich ein Jahr zuvor, mit dem Tandem nach Wien
geradelt war...
...trafen wir im Cafe d´Orsay. Malcolm hatte sich gerade ein französisches MONOPOLY - Spiel gekauft, er war ganz fasziniert davon...
...Malcolm führte uns als begeisterter Musik-Fan sofort zur Pariser Opera...
...eine Besichtigung war leider
nicht möglich, umsomehr
wünschte sich Malcolm dieses
Erinnerungs-Photo auf den
Treppen der Opera...
...die Pariser schienen
den tosenden Verkehr um
sich herum zu lieben..
...direkt an der Strasse
schlürften sie ihren Cafe,
lasen Zeitung oder trafen sich dort mit Freunden....
...in der ehemaligen Residenz
der französischen Könige
befand sich der Louvre,
das bekannteste Museum
der Welt....
...voller Demut liessen wir die Stimmung und die Würde dieses einmaligen Ortes
auf uns wirken....
...vor der weltbekannten
Mona Lisa, gemalt von
Leonardo da Vinci, verweilten die Besucher am längsten...
...unwiderstehlich war die
Ausstrahlung dieses einzig- artigen Bildes...
...der Arc de Triomphe de l´Etoile wurde 1806-1838
erbaut. Heute ist er ein Wahr- zeichen von Paris...
...als Höhepunkt gilt die jährliche Parade am 11. November,
dem Jahrestag des Waffenstill- standes zwischen Frankreich und Deutschland im WK I.....
...die Basilika minor Sacre
Coeur de Montmartre, eine
römisch-katholische Wall-
fahrtskirche, dem Heiligsten
Herzen Jesu geweiht...
...der 83 m hohe, weisse Kuppel-Bau, dominiert die nördliche Stadt-Silouette von Paris, in einzigartiger Weise...
...die Notre Dame de Paris,
das älteste gotische Kir- chengebäude Frankreichs (1163 bis 1345)...
...die 324 m hohe Stahl-Konstruktion des Eiffelturms wurde in nur 2 Jahren errichtet
...heute eines das bekannte- sten Bauwerke der Welt....
...Besichtigung von Versailles, der grössten Palast-Anlage Europas....
...ab Mitte des 17. Jhd.´s
bis zur französischen
Revolution, Hauptresidenz
der Könige von Frankreich....
...der über 300 Jahre alte
Spiegelsaal von Versailles,
wird auch durch das gewal- tige Decken-Gewölbe geprägt...
...die neun Deckengemälde stellen eine Verherrlichung des Sonnenkönigs und seiner 20 Regierungs-Jahre dar...
...im Spiegelsaal von Versailles wurde nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 -
am 18. Januar 1871 - die Proklamation ausgerufen...
...die süddeutschen Staaten
Baden, Württemberg, Hessen
und zuletzt auch Bayern
(Ludwig II) hatten sich dem
von Bismark angeführten Deutschen Staatenbund,
angeschlossen.....
...die Tandem-Tour nach Frankreich (Paris) förderte die Entwicklung von Georg und mir sehr deutlich...
...wir waren stolz auf unseren Mut und auf die sportliche Leistung.
Ein paar Jahre später trennten sich unsere Lebenswege, Georg wanderte in das ferne Canada aus, blieb aber im
Herzen und in der Sprache
ein echter Ruh-poldinger, das zeigte er bei jedem seiner Heimat-Besuche. Noch im Sommer 2018 unternahmen wir zusammen eine lustige Morgan-Oldtimer-Tour rund um den Chiemsee...
...die Weihnachtskarte für 2018 hatte ich bereits zur Post gebracht, als mich der Anruf von Janet erreichte, die unter Tränen berichtete, dass Georg plötzlich und unerwartet an den Folgen einer Zahn-Operation gestorben wäre.
Wir alle waren wie gelähmt, konnten nicht glauben, dass Georg, der immer so locker drauf war, nicht mehr da sein sollte.
Zur Erinnerung an unsere lebenslange Freundschaft bleibt dieser Bericht und das beigefügte Mail von Georg.
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